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Gedichte über Liebe, Freundschaft, Trennung und Abschied

*****itx Paar
11.471 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Gedichte über Liebe, Freundschaft, Trennung und Abschied
Lasst euch hier im Schatten nieder und verweilt mit uns, wenn auch nur kurze Zeit. Kommt zur Ruhe und sammelt eure Kräfte.
Aus dem wallenden Ozean der Menge

Aus dem wallenden Ozean der Menge kam ein Tropfen sanft zu mir,
flüsternd: Ich liebe dich, bald werde ich sterben,
ich bin einen langen Weg gereist, nur um dich zu sehen, zu berühren,
weil ich nicht sterben konnte, ehe ich dich einmal gesehen habe,
weil ich fürchtete, dich danach zu verlieren.
Nun haben wir uns getroffen, haben uns gesehen, wir sind geborgen,
kehren in Frieden zum Ozean zurück, meine Liebe,
auch ich bin Teil des Ozeans, meine Liebe, wir sind nicht völlig getrennt,
Sieh das gewaltige Rund, den Zusammenhang von allem, wie vollkommen!
Aber für mich, für dich bedeutet das unaufhaltsame Meer Trennung,
trägt uns für eine Weile auseinander, doch kann uns nicht für immer auseinander tragen;
sei nicht ungeduldig - eine kurze Weile - wisse, dass ich die Luft, den Ozean und das Land grüße,
jeden Tag bei Sonnenuntergang um deinetwillen, meine Liebe.


Walt Whitman (1819-1892)
******ust Frau
839 Beiträge
Warum nur tut Liebe immer so weh?
Du musst fort, ich lass Dich, dann geh!
Die Zeit mit Dir war wunderschön,
Deine Zärtlichkeit hat mich verwöhnt

Nun ist sie vorbei, unsere schöne Zeit
mein Herz nach Dir so furchtbar schreit
diesen, unseren letzten Abend zusammen,
danach meine Augen in Tränen schwammen

Du hast davon nichts gesehen;
Fällt so schon schwer, Dein Gehen!
Dass ich Dich liebe, Du wolltest das nie!
Wie hätte ich anders fühlen können, wie?

Von Anfang an war es klar,
dass es nur auf bestimmte Zeit war.
Wie aber kann man einem Herzen befehlen
Auch wenn es deshalb muss stehlen

Es lässt sich nicht beeinflussen beim wählen
Jetzt muss ich da durch, muss mich alleine quälen
Vorbei das gemeinsame lachen
Sag,was soll ich jetzt bloss machen;

Vorbei die Stunden voller Glück,
vielleicht denkst Du auch daran zurück
und es geht Dir wie mir ohne es zu zeigen,
nicht wehtun, keine falsche Hoffnung, lieber schweigen

Vorher nicht bewusst wahrgenommen, Kleinigkeiten,
spüre ich jetzt mich in die Seelenpein hineingleiten;
nicht schon wieder, schreit mein Herz,
weiss nicht wohin mit dem Schmerz.

Unsere Zeit ist nun endgültig vorbei,
hoffte auf ein Wunder so nebenbei.
Zu kurz zum zehren, zu lange zum vergessen
Liebe lässt sich aber nicht in Zeit messen!

Gestern noch sasst Du neben mir,
heute tut es weh weil ich die Leere spür.
Ein glückliches Leben wünsche ich Dir,
schick manchmal Deine Gedanken zu mir.

Spüren werde ich es dann garantiert,
vielleicht verhinderst Du so dass mein Herz gefriert.
Ich liebe Dich mehr als Du wissen kannst und darfst,
deshalb lasse ich Dich geh’n zu denen die auf Dich warten

Warum nur tut Liebe immer so weh?

©IrmaLux
****ife Frau
287 Beiträge


Ich wünsche Euch Zeit

Ich wünsche Euch nicht alle möglichen Gaben,
Ich wünsche Euch nur nur, was die meisten nicht haben.
Ich wünsche Euch Zeit, Euch zu freun und zu lachen,
und wenn Ihr sie nützt, könnt Ihr was draus machen.

Ich wünsche Euch Zeit für Euer Tun und Euer Denken,
nicht nur für Euch selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche Euch Zeit, nicht zum Hasten und Rennen,
sondern die Zeit zum Zufriedensein können.

Ich wünsche Euch Zeit, nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge Euch übrig bleiben,
als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertrauen,
anstatt nach der Zeit auf die Uhr zu schauen.

Ich wünsche Euch Zeit, nach den Sternen zu greifen,
und Zeit, um zu wachsen, das heißt um zu reifen.
Ich wünsche Euch Zeit, neu zu hoffen, zu lieben,
es hat keinen Sinn diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche Euch Zeit zu Euch selber zu finden,
jeden Tag jede Stunde als Glück zu empfinden.
Ich wünsche Euch Zeit, auch um Schuld zu vergeben.

Ich wünsche Euch:

ZEIT HABEN ZUM LEBEN *liebhab*

Jacobus

Hotwife/Trixie
******ngs Frau
392 Beiträge
Wilhelm Busch:

Zu Neujahr

Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
Ohne viel Bedenken.

Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
Möge dir gelingen.


Grüßle Lydia
****ups Mann
78 Beiträge
Sonnenstrahlen durch Wolken
Es ist hell, es leuchtet, blinzele.
Kann kaum sehen, es blendet.
Recke mich.
Spüre wärme.
Es raschelt, wird kühl.
Es ist weich, berührt mich,
bewegt sich leise und langsam,
so sanft.

Es ist deine Hand, dein Arm.
Du umarmst mich,
hältst mich fest.
Ich drehe mich um,
versuche es.
Es fällt mir schwer,
habe es geschafft.

Halte nun auch dich.
Spüre wärme,
deine weiche so sanfte Haut,
so schön glatt.
Gebe unaussprechliches von mir.
Es fühlt sich alles so leicht an.
Langsam öffnen sich meine Augen
und ich blicke in Deine.

Bin in Trance,
muss träumen,
lasse dich nicht mehr los.
Fühle mich wohl und merke...
Du bist wirklich da.

Jens
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
Ein Liebesmärchen mit Namen.....
Maskenball


Ein Drache kam als Pfau.
Zwei Hexen hatten sich als Schmetterlinge verkleidet.
Ein Kobold trug ein Leopardenfell und fauchte.
Auch ein Riese, der nicht sehr einfallsreich gewesen war, stapfte umher. Er hatte sich überall Seile hingebunden, als Erinnerung an eine blöde Geschichte.
Eine Maske fiel besonders auf: Sie stellte einen Menschen dar.

Der Riese meinte, es könne sich dabei nur um einen Druiden oder Zauberer handeln. Die Ähnlichkeit war ihm ZU verblüffend.
Das Märchen schwieg, als es das hörte. Auch, als das Tuscheln der anderen zunahm, die nachtfaltig um den Mensch herumschwirrten.

Es war ziemlich gewagt, sich gerade als Mensch zu verkleiden. Immerhin arbeiteten alle, die sich zu diesem Maskenfest getroffen hatten, für das Volk der Menschen. Und eine solche Maskierung konnte man fast, ja fast als Demonstration auslegen. Als stillen Protest. Man hätte sich nicht gewundert, wäre unter den progressiven Zwergen das Wort "Revolution" gefallen.

Das Märchen schwieg.
Sicher, es hätte eingreifen können. Aber es ließ die Figuren, deren Wünsche heute abend Ausgang bekommen hatten, ihre Masken weitertragen.

Das Fest tanzte seinem Höhepunkt entgegen. Bis auf den Menschen. - Der schritt wie ein Kondensstreifen über den bunten Himmel der Phantasiefiguren.
In lebloses Schwarz gekleidet, undurchschaubares Glas verdeckte seine Augen. Und... er trug einen Koffer in der Hand. Schon die ganze Zeit, ohne ihn auch nur einmal abgestellt zu haben.
Jetzt schritt er auf ein Mandelbäumchen zu, das sich wild zur Windmusik bewegte. Der Frühling versuchte verzweifelt, seine Blüten auf den zarten Astarmen zu bewahren. Doch seine Bemühungen verloren sich im ekstatischen Tanz.
Wie kleine Herbste lagen die rosa Küsse am Boden. Der Mensch blieb vor dem tanzenden Baume stehen, öffnete seinen Koffer. Er begann, jede einzelne Blüte aufzuheben und sie vorsichtig in das schwarze Gehäuse zu legen.
Als er alle Blüten eingesammelt hatte, richtete er sich auf und blickte suchend in die Runde.
Er entdeckte einen Dolm, der als Eule herumstolzierte. Nun, Dolme gelten seit jeher als etwas einfältig, kein Wunder, daß sich dieser mit der Maske der Weisheit geschmückt hatte.
Der Mensch lauschte den Sprüchen der Vogelmaske: Eulenweisheiten, die irgendwo geschrieben standen und derer sich die... nun ja, eben Dolme und Genossen gern annahmen und als ihre Weisheiten ausgaben. Diese Worte schrieb der Mensch auf, studierte sie und legte den Bogen voll Klugheit in seinen Koffer.

Viele Spinnenkostüme: Zwerge erkannte mann ihrer Größe wegen. Hexen konnten ihren Buckel nicht verbergen, und ein Rabe hatte vergessen, daß er als Spinne nicht fliegen konnte.
Der Mensch verfolgte gebannt die Bewegungen dieser Tiere.
Zuerst tanzten sie um ihre Opfer, umfingen sie mit langen Armen. Und einmal gefesselt, wurde die Beute zu Besitz. Als Eigentum mußten sie alles willenlos über sich ergehen lassen. Wurden ausgesaugt- leer hingeworfen. So taten es die großen, die kleinen, die satten und die hungrigen Spinnen.
Eine besonders winzige, weiß Gott wer da druntersteckte, begann eben, ihr Netz um eine Eintagsfliege zu legen. Das Insekt freute sich über die Aufmerksamkeit, die man ihm entgegenbrachte. Aber gerade als sich die Fesseln um seine Flügel legen wollten, packten zwei riesige Finger die Spinne, sie wurde vor ein großes Auge gehalten, betrachtet, und verschwand in einem schwarzen Loch- dem Koffer des Menschen.

Längst war das Hauptvergnügen des Maskenfestes nicht mehr Musik und Tanz, sondern das seltsame Verhalten der Menschenfigur.
Wie ein unverschämter Wiesenfleck auf makelloser Schneedecke.
So egoistisch wie Feuer.
So um sich greifend wie Wind.
Wonach suchte dieser Mensch?

"Liebes Märchen", fragte der Riese, "weißt du, wer hinter der Maske steckt?"
Das Märchen schwieg.
In einer Ecke des Salls wurde eine kleine Fee sichtbar. Ihre Art zu tanzen, ihre Bewegungen, ihr feines Gesicht waren so fremdartig schön, daß man annehmen mußte, hier wäre jemand unmaskiert erschienen.
Wie eine Marionette, geführt von der Sonne, dem Wind, dem Leben, schwebte sie auf den Menschen zu.
Wer soll beschreiben, wie es ist, wenn Sonne, Wind und das Leben ihre Arbeit vergessen.
Die Fee und der Mensch standen sich gegenüber. Sie begannen sich zu bewegen. Und die Sonne schmolz das undurchsichtige Glas vor seinen Augen, der Wind zauberte den Gleichklang in ihre Bewegungen, und das Leben atmete mit lautloser Sprache. Alles, was die zwei Gestalten umgab, schien in einen zeitlosen Raum zu versinken.
Blicke, die um das Überleben kämpfen.
Gedanken, die jedes Wort verweigerten, weil sie sich nackt so wohl fühlten.
Die Musik hatte zu spielen aufgehört, sie konnte die Lautlosigkeit nicht mehr übertönen.
Alle Masken standen still und verfolgten das Spiel zwischen Mensch und Fee.
Was für ein Spiel!
Gefühle und Gedanken verwandeln sich durch geheimnisvolle Kräfte zu Berührung und Blick. Die ziehen los, um zu Mündern, Nasen, Augen zu gelangen.
Tausen Szenen, aufgeführt in einem Blick, in einer fingerkuppigen Berührung.
Die Augen des Menschen waren jetzt geöffnet und erzählten, was sie gefunden hatten!

Als der Mond auf der Himmelsschaukel immer schwerer wurde, nach unten sank und die Sonne sich langsam hochdrückte, riefen die Märchenbücher nach ihren Figuren.
Und als der Mensch die kleine Fee zum Ausgang eilen sah, lief er ihr nach und hielt sie noch einmal fest.
Er öffnete seinen Koffer, nahm die verwelkten Blüten, die zerronnenen Weisheiten, die in sich selbst versponnene Spinne und warf alles in die letzte Dunkelheit der Nacht.
Dann füllte er den Koffer mit ihren Blicken, mit ihrem Kuß und mit einem Stückchen Erinnerung, daß sie ihm gab.

Mit dem ersten Sonnenstrahl, der über den Horizont balancierte, war der Pfau wieder Drache, der Schmetterling wieder Hexe und der Riese wieder auf Wanderschaft.

Der Mensch aber fuhr mit einem Taxi zum Flughafen, mietete sich eine Cessna, flog damit rund um die Welt und leerte den Inhalt seines Koffers auf die Menschen.

Das zeitalter der Liebe war angebrochen.


Aus: "Wie ein Geschenk auf flacher Hand" von Folke Tegetthoff
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
@ FemDomPaarCGN
Ich möchte mich bei Euch für das Posten dieses Märchens bedanken, das ich (u. a. ja selbst Autor einiger der erfolgreichsten deutschsprachigen Märchen für Erwachsene!) noch nicht kannte ... Sehr berührend!

(Der Antaghar)
..tolles Märchen, es kann den aufmerksamen Leser dazu stimmen, den Blick auf das wesentliches zu lenken und vielleicht obliegt es dem Verständnis des Lesers ganz einfach zu versuchen etwas "freundlich" zu sein.

Beides trift auf euch beide zu.

Liebe Grüsse und besten Dank für diese
ausserordentliche Erzählung.

EiferSucht
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
Auch von mir...
...eine Geschichte, die mich schon vor vielen Jahren sehr beeindruckt hat!
Ich kann nur sagen: Die Liebe ist etwas Wunderbares und geht die schönsten Wege!

Der "er" vom FemDomPaar


An der Brücke

Die haben mir meine Beine geflickt und haben mir einen Posten gegeben, wo ich sitzen kann: ich zähle die Leute, die über die neue Brücke gehen. Es macht ihnen ja Spaß, sich ihre Tüchtigkeit mit Zahlen zu belegen, sie berauschen sich an diesem sinnlosen Nichts aus ein paar Ziffern, und den ganzen Tag, den ganzen Tag geht mein stummer Mund wie ein Uhrwerk, indem ich Nummer auf Nummer häufe, um ihnen abends den Triumph einer Zahl zu schenken.

Ihre Gesichter strahlen, wenn ich ihnen das Ergebnis meiner Schicht mitteile, je höher die Zahl, um so mehr strahlen sie, und sie haben Grund, sich befriedigt ins Bett zu legen, denn viele Tausende gehen täglich über ihre neue Brücke...

Aber ihre Statistik stimmt nicht. Es tut mir leid, aber sie stimmt nicht. Ich bin ein unzuverlässiger Mensch, obwohl ich es verstehe, den Eindruck von Biederkeit zu erwecken.

Insgeheim macht es mir Freude, manchmal einen zu unterschlagen und dann wieder, wenn ich Mitleid empfinde, ihnen ein paar zu schenken. Ihr Glück liegt in meiner Hand. Wenn ich wütend bin, wenn ich nichts zu rauchen habe, gebe ich nur den Durchschnitt an, manchmal unter dem Durchschnitt, und wenn mein Herz aufschlägt, wenn ich froh bin, lasse ich meine Großzügigkeit in einer fünfstelligen Zahl verströmen.

Sie sind ja so glücklich! Sie reißen mir förmlich das Ergebnis jedesmal aus der Hand, und ihre Augen leuchten auf, und sie klopfen mir auf die Schulter. Sie ahnen ja nichts! Und dann fangen sie an zu multiplizieren, zu dividieren, zu prozentualisieren, ich weiß nicht was. Sie rechnen aus, wieviel heute jede Minute über die Brücke gehen und wieviel in zehn Jahren über die Brücke gegangen sein werden.

Sie lieben das zweite Futur, das zweite Futur ist ihre Spezialität - und doch, es tut mir leid, daß alles nicht stimmt...

Wenn meine kleine Geliebte über die Brücke kommt - und sie kommt zweimal am Tage -, dann bleibt mein Herz einfach stehen. Das unermüdliche Ticken meines Herzens setzt einfach aus, bis sie in die Allee eingebogen und verschwunden ist. Und alle, die in dieser Zeit passieren, verschweige ich ihnen. Diese zwei Minuten gehören mir, mir ganz allein, und ich lasse sie mir nicht nehmen.

Und auch wenn sie abends wieder zurückkommt aus ihrer Eisdiele, wenn sie auf der anderen Seite des Gehsteiges meinen stummen Mund passiert, der zählen, zählen muß, dann setzt mein Herz wieder aus, und ich fange erst wieder an zu zählen, wenn sie nicht mehr zu sehen ist. Und alle, die das Glück haben, in diesen Minuten vor meinen blinden Augen zu defilieren, gehen nicht in die Ewigkeit der Statistik ein:
Schattenmänner und Schattenfrauen, nichtige Wesen, die im zweiten Futur der Statistik nicht mitmarschieren werden...

Es ist klar, daß ich sie liebe. Aber sie weiß nichts davon, und ich möchte auch nicht, daß sie es erfährt. Sie soll nicht ahnen, auf welche ungeheure Weise sie alle Berechnungen über den Haufen wirft, und ahnungslos und unschuldig soll sie mit ihren langen braunen Haaren und den zarten Füßen in ihre Eisdiele marschieren, und sie soll viel Trinkgeld bekommen. Ich liebe sie. Es ist ganz klar, daß ich sie liebe.

Neulich haben sie mich kontrolliert. Der Kumpel, der auf der anderen Seite sitzt und die Autos zählen muß, hat mich früh genug gewarnt, und ich habe höllisch aufgepaßt. Ich habe gezählt wie verrückt, ein Kilometerzähler kann nicht besser zählen. Der Oberstatistiker selbst hat sich drüben auf die andere Seite gestellt und hat später das Ergebnis einer Stunde mit meinem Stundenplan verglichen. Ich hatte nur einen weniger als er.

Meine kleine Geliebte war vorbeigekommen, und niemals im Leben werde ich dieses hübsche Kind ins zweite Futur transponieren lassen, diese meine kleine Geliebte soll nicht multipliziert und dividiert und in ein prozentuales Nichts verwandelt werden. Mein Herz hat mir geblutet, daß ich zählen mußte, ohne ihr nachsehen zu können, und dem Kumpel drüben, der die Autos zählen muß, bin ich sehr dankbar gewesen.
Es ging ja glatt um meine Existenz.
Der Oberstatistiker hat mir auf die Schulter geklopft und hat gesagt, daß ich gut bin, zuverlässig und treu.
»Eins in der Stunde verzählt«, hat er gesagt, »macht nicht viel. Wir zählen sowieso einen gewissen prozentualen Verschleiß hinzu. Ich werde beantragen, daß Sie zu den Pferdewagen versetzt werden.«

Pferdewagen ist natürlich die Masche. Pferdewagen ist ein Lenz wie nie zuvor. Pferdewagen gibt es höchstens fünfundzwanzig am Tage, und alle halbe Stunde einmal in seinem Gehirn die nächste Nummer fallen zu lassen, das ist ein Lenz!

Pferdewagen wäre herrlich. Zwischen vier und acht dürfen überhaupt keine Pferdewagen über die Brücke, und ich könnte spazierengehen oder in die Eisdiele, könnte sie mir lange anschauen oder sie vielleicht ein Stück nach Hause bringen, meine kleine ungezählte Geliebte...

Heinrich Böll
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
MIT LOGIK IST HIER NICHTS ZU MACHEN
Jeder weiß,
daß die Bevölkerungsdichte
stetig zunimmt
und der Raum enger wird.

Wir müßten uns immer näher kommen.

Und doch
habe ich das Empfinden,
daß die Menschen
sich zunehmend weiter
voneinander entfernen.

von Kristiane Allert-Wybranietz
**********_M_nw Mann
124 Beiträge
@FemDomPaar
Der "Maskenball" ist einfach großartig!
Man erwartet am Anfang eigentlich eine ganz andere Reaktion des Menschen.....
Und das Ende ist dann doch hoffnungsvoll..... *bravo*

Auch Eure anderen Beiträge sind toll! Die Geschichte von Böll habe ich noch gar nicht gekannt, aber ich finde sie so gut, daß ich sie 2 mal gelesen habe!

Und das mit Logik alleine oftmals nichts auszurichten ist, dürfte dem denkenden (und fühlenden) Menschen nicht entgangen sein....

Mit herzlichen Grüßen,

Der_zweite_Mann
*********icha Paar
11.454 Beiträge
Gruppen-Mod 
An alle Schreiber...
Super Geschichten...

*danke*

Liest sich alles sehr kurzweilig...

GLG
Micha, von
MausiundMicha *wink*
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
Eines habe ich noch....
Für Alle, die sich in dieser kalten Zeit einsam fühlen..... (ich hoffe es ist nicht zu lange!)

Einsamkeit

Das Märchen. Es greift in seine alte Kiste und holt hervor:
`ne Prinzessin, der man vergammeltes Gemüse ins Bett gelegt hat,
`ne emanzipierte Hexe, die gegen Biokultur im Obstbau protestiert,
und eine Fee, die es satt hat, sich Blasenentzündungen zu holen und beschließt, ab sofort nur noch in Blue Jeans rumzulaufen.
"Ja, ja, die Jugend", lächelt das Märchen,"aber sie haben recht. Alle reden vom Fortschritt, vom Umdenken, von der Gegenwartsliteratur ... versuchen kann man´s ja zumindest."
Das Märchen verkleidet sich.
Und für einen Tag bekommen alle aus der alten Kiste Ausgang. Sie schlüpfen aus ihren Brokatgewändern, schnallen die Buckel ab, vergessen die Zauberstäbe und schweben in den Tag, das HEUTE zu erfahren.

Eigentlich wollte das Märchen diesen Tag so richtig zu genießen, naja, es war schließlich der erste Urlaubstag seit ein paar tausend Jahren. Aber jemand, der sein ganzes Leben gearbeitet hat, der hält Nichtstun nicht aus. "Eigentlich könnte ich doch die alte Kiste saubermachen. Jetzt, wo alle weg sind, ist das die Gelegenheit."
Und als es mit der Arbeit fast fertig ist, entdeckt es auf dem Boden einen alten, schon vergilbten Brief. Das Märchen erkennt die Handschrift. Es ist seine eigene, aus jungen Jahren.
Und so, wie wir das auch tun würden, hätten wir nach langer Zeit einen unserer eigenen Briefe in der Hand, setzt sich das Märchen in seinen bequemsten Stuhl und beginnt zu lesen.

Hallo Einsamkeit!

Hab´gerade den Himmel blau gestrichen. Ich konnte das Grau nicht mehr ertragen. Und dann habe ich mir ein rosa Wölkchen gemalt, habe es geküßt, und jetzt verreisen wir zwei. Das ist auch der Grund, warum ich dir heute schreibe. Wir waren schließlich eine ziemlich lange Zeit wie ein Reißverschluß. Deshalb wollte ich nicht so einfach davonschweben, ohne Dir vorher Auf Wiedersehen zu sagen.

"Wiedersehen" - wie fröhlich das klingt. Ganz anders war es, als wir uns kennenlernten. Du warst sofort verliebt in mich, ich habe es dir aber auch leicht gemacht. Stundenlang, tagelang saßen wir zusammen und haben gespielt. Immer wieder dieses gleiche, blöde Spiel.
Wie hieß es noch? Gedächnis ins Küberl und durch ein Sieb schütteln. -Ich durfte die Erinnerungen zählen, die zu groß waren, um durch die feinen Löcher des Vergessens zu entkommen. Manchmal trugen sie sogar noch Namensschilder, riefen mir einzelne Worte zu oder malten mir Bilder an die Wand.
Aber du, schlaue Einsamkeit, hast immer gut aufgepasst. Wenn Du am Verlieren warst, hast du mir schnell das Sieb weggenommen und mir einen Spiegel vorgehalten.
Dann hab ich es wieder gesehen: Den hungrigen Mund der nicht küssen durfte; Augen, die den Laden dicht gemacht hatten, weil sie nichts mehr zu verkaufen hatten. Und gelähmte Hände, die keine Entdeckungsreisen mehr unternehmen konnten.
In meinen Tränen wollte ich Dich ertränken, ein Floß aus den herumschwimmenden Hoffnungsplanken bauen und rudern, rudern, bis ich eine Insel gefunden hätte.
Aber Du, liebste Einsamkeit, konntest Dich ja meisterlich verwandeln: Der Staudamm, der mich zurückhielt, der Strudel, der mich hinabzog, und die Wassergefühle, in denen ich wieder und wieder ertrank. Großartig, Einsamkeit, wirklich großartig, wie Du das geschafft hast. Deine kalten Besuche. Wenn die Wände mich auslachten und die Buchstaben der Bücher ausgang hatten.
Jeder Vogel, der am geschlossenen Fenster vorbeiflog, zeigte mir die lange Nase.
Die Stille, die ohrenbetäubender Krach war, daß ich mein eigenes Rufen nicht hörte.
Ein Blick hätte mich retten können. Ein Blick! Du wolltest mir wohl beweisen, daß ich nichts mehr zu suchen hätte. Daß es niemanden gibt, der mir einen Mondballon schenken würde.
Kannst Du Dich erinnern, wie ich mit einer Schere durch die Straßen gelaufen bin und alle Blicke durchgeschnitten habe? Ich stach ein Loch in die Sonne, damit sie mich morgens nicht wecken konnte. Und dem Mond wollte ich an die Kehle, damit er mir nichts mehr von der Liebe erzähle.
Nur dich, grausame Einsamkeit, habe ich nicht zu fassen gekriegt. - Welch ein lustiges Versteckspiel!

Aber damals bist du ein bißchen zu weit gegangen. Du hattest mir zu sehr vertraut. Damals habe ich nämlich schon bei 76 geschaut, nicht erst bei 100. Ja, bei 76, liebe Einsamkeit, drückte mir der Wind die Fensterläden auf, die ich wegen Dir so fest verschlossen hatte. Und bei 76 sah ich sie: die Liebe.
Und ich spürte, was ich so lange nicht gespürt hatte. Ich wußte in diesem Moment, daß ich nur meine Blicke losschicken mußte. Die würden davonjagen, einholen, festhalten. Ich jagte, holte ein, hielt fest. Nicht sehr fest - lieb fest.
Aber das verstehst du nicht: Näherrücken, Atem spüren. Worte die man nicht erst suchen muß. Gedanken, die sich in einem Blick auf die Reise machen und mit einem Lächeln zurückkommen. Hast DU mich einmal angelächelt?
Siehst Du!!!
Einsamkeit, ich habe so lange keine anderen Hände, als die meinen, mehr gespürt. Es war so schön, wie sich meine Finger davonmachten, und mir eine Gänsehaut zurückbrachten.
Oh, Einsamkeit, ich bin SO glücklich.
Vielleicht nur für eine Stunde, einen Tag, für eine Woche: Ein Augenblick Liebe ist ein kleines Stück Unendlichkeit!
Deshalb schreibe ich Dir ja auch, bevor ich abreise. Denn wer weiß, ob ich nicht morgen schon wieder vor deiner Tür stehe, um mich bei Dir zu verstecken. Wir wollen uns nicht zerkrachen. Manchmal braucht man Dich; doch nur um zu sehen, wie schön es ohne Dich ist.

Wenn Du jetzt hochsiehst, Einsamkeit, siehst Du vielleicht das rosa Wölkchen auf dem blau gestrichenen Himmel dahinschweben. Das sind WIR.
Wir haben uns eine Sonne ausgeschnitten, damit uns bei Gänsehaut nicht friert. Und, einen Mond haben wir auch, der singt die Melodien zu unseren Texten.
An Gewitter haben wir vorerst noch nicht gedacht, aber selbstverständlich werde ich Dich benachrichtigen, sollte Regen aus unserer Wolke fallen. Doch.... sei so gut und rechne nicht damit.

Wahrscheinlich wirst Du mich längere Zeit nicht besuchen können - Du weißt, die Liebe wird hier sein, und - Du würdest stören.

Sei nicht allzu traurig.

Dein Märchen


In dieser Nacht geschieht Seltsames.Die Bewohner der alten Kiste kehren nicht mehr zurück.
"Auf Freunde!" ruft die Prinzessin, die nicht länger in Brokatgewändern auf die Ankunft wunderschöner Prinzen warten will.

"Nieder mit den kostümierten Kasperln!" heißt die Parole der Hexen, die es satt haben, sich auf den Kopf hauen zu lassen.

"Freiheit!" verlangt die Gewerkschaft der Feen, die sich aus ihrem Drei-Wünsche_Gefängnis befreien wollen, um sich endlich mal ihre eigenen zu erfüllen.

Und in dieser Nacht geschiet es, daß man aus allen Märchenbüchern rosa Wölkchen in den blau gestrichenen Himmel aufsteigen sieht.



Folke Tegetthoff
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
Denn in der Freundschaft werden alle Gedanken, alle Wünsche, alle Erwartungen ohne Worte geboren und geteilt, mit Freude, die keinen Beifall braucht.

Khalil Gibran, Der Prophet
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Passt auch gerade mal wieder ....
Im Netz entdeckt und für zutiefst kostbar befunden:

Danke an alle, die mich jemals verletzt haben.
Die Wunden sind gut verheilt und haben mich umso kraftvoller gemacht.

Danke an alle, die mir falsche Dinge unterstellt haben.
Sie haben mir geholfen, innere Ruhe zu bewahren und den Drang zu überwinden, mich immer gleich rechtfertigen zu müssen.

Danke an alle, die mein Vertrauen missbraucht haben.
So bin ich wachsamer, sensibler und weiser geworden.

Danke an all alle, die mir Unrecht getan haben.
Durch sie durfte ich lernen, was Vergebung und Befreiung heißt.

Danke an alle, die mir Angst machen wollten.
So habe ich gelernt, mutig und stark zu sein.

Danke an alle, die mich belogen und verraten haben.
Durch sie durfte ich Wahrheit erkennen.

Danke an all alle, die sich zu Werkzeugen gemacht haben und mir Prüfungen auferlegt haben. So habe ich die Möglichkeit, in der Schule des Lebens zu lernen und zu wachsen.

(Auch wenn es sich auf den ersten Blick für viele absurd lesen mag , das sollte sich vielleicht so mancher mal geistig, seelisch und spirituell auf der Zunge zergehen lassen, denn das ist Weisheit ...)

Der Antaghar
****ups Mann
78 Beiträge
...
Ich habe mal in einem Roman gelesen "Wenn wir uns mit den Augen anderer sehen könnten, würden wir auf der Stelle weg rennen!"

Das war mein erster Gedanke als ich das gelesen habe, deshalb finde ich es zu depressiv. Aber es spiegelt leider Lebensabschnitte eines jeden einzelnen wieder, ich hoffe man befindet sich nur nicht zu lange in so einer Phase.

Trotzdem schön geschrieben!

lg uuuuups

PS: Der Sommer kommt wieder! *sonne*
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
@Antaghar
Das sind wirklich kostbare Zeilen!

Denn wer in der Lage ist, aus diesen Weisheiten zu lernen, der hat wahren Reichtum erworben.....

Liebe Grüße,

FemDomPaar
******ngs Frau
392 Beiträge
Auch irgendwann mal im Netz gefunden...
Über die Verführung von Engeln

Engel verführt man gar nicht oder schnell.
Verzieh ihn einfach in den Hausgang
Steck ihm die Zunge in den Mund und lang
Ihm untern Rock, bis er sich nass macht, stell
Ihn das Gesicht zur Wand, heb ihm den Rock
Und fick ihn. Stöhnt er irgendwie beklommen
Dann halt ihn fest und lass ihn zweimal kommen
Sonst hat er dir am Ende einen Schock.

Ermahn ihn, daß er gut den Hintern schwenkt
Heiß ihn dir ruhig an die Hoden fassen
Sag ihm, er darf sich furchtlos fallen lassen
Dieweil er zwischen Erd und Himmel hängt.

Doch schau ihm nicht beim Ficken ins Gesicht
Und seine Flügel, Mensch, zerdrück sie nicht.

Bert Brecht

******ngs Frau
392 Beiträge
@Antaghar
Wie wahr, wie wahr...

...
Danke an alle, die mich belogen und verraten haben.
Durch sie durfte ich Wahrheit erkennen.
...

Gruß Lydia
**********_Mind Paar
13.208 Beiträge
Abschied
Abschied

Nun sind sie vorüber, jene Stunden,
Die der Himmel unsrer Liebe gab,
Schöne Kränze haben sie gebunden,
Manche Wonne floss mit ihnen ab.

Was der Augenblick geboren,
Schlang der Augenblick hinab,
Aber ewig bleibt es unverloren,
Was das Herz dem Herzen gab.

Adalbert Stifter



@*****har
das war wirklich Weisheit zum Nachdenken und Erkennen *zwinker*
Danke dafür in aller Herzlichkeit
**********_Mind Paar
13.208 Beiträge
Es ist besser so
Von Joachim Ringelnatz stammt jenes Gedicht:

Es ist besser so

Es ist besser so.
Reich mir die Hand. Wir wollen froh
Und lachend voneinandergehn.
Wir würden uns vielleicht nach Jahren
Nicht mehr so gut wie heut verstehn.
So lass uns bis auf Wiedersehn
Ein reines, treues Bild bewahren.

Du wirst in meiner Seele lesen,
Wie mich ergreift dies harte Wort.
Doch unsre Freundschaft dauert fort.
Und ist kein leerer Traum gewesen,
Aus dem wir einst getäuscht erwachen.
Nun weine nicht; wir wollen froh
Noch einmal miteinander lachen.
Es ist besser so.
****ups Mann
78 Beiträge
Gewalt erzeugt durch Überdruck (Non sexual)
Gewalt erzeugt durch Überdruck

Warum geht es im Leben,
muss man nur nach Vollendung streben?
Ist wirklich das Ziel der Weg,
das ich einen Termin auf fünf vor zwölf leg?!

Liegt im Erfolg das Glück,
oder ist es nur ein Teil vom Kuchenstück.
Gehört nicht auch Ruhe und Liebe zum Leben,
etwas, was wir jeden Tag zu wenig geben.

Alle Menschen sind betroffen,
sind durch Hektik irritiert, besoffen.
Laufen Kopf und Gefühllos durch die Welt,
sind durch unser Handeln, unkenntlich entstellt.

Haben unser Gesicht vor uns selbst verloren,
unsere Worte klingen seit langem vergoren.
Jeder kann nur auf schnelle Erkenntnis und Genesung hoffen,
umso härter wird man dann von den Worten anderer getroffen.

Würden wir uns mit den Augen der anderen sehen,
wir würden auf der Stelle um Vergebung flehen.
Wo wird das alles Enden,
werden wir uns weiter voneinander entfremden.

Wird das Chaos unser Handeln einschränken,
uns gegenseitig darin ertränken.
In Hass und Gewalt liegt keine Lösung,
sie findet man nur mit Vergebung.

Liebe deinen Nächsten,
das schaffst du vor allem durch die kleinen Geesten.
Wir haben es noch selber in der Hand,
reißt sie ein die Wand, gebt Wiederstand!
Lasst uns Hindernisse aus dem Weg räumen

und

wieder von dem Miteinander träumen… .
*********rCGN Paar
1.211 Beiträge
Farbenhändler
"Herrgott nochmal, Winter, jedes Jahr machen sie uns die gleichen Schwierigkeiten. Packen sie ihre Sachen und hauen sie ab. Ich habe diese Vorschriften und Dienstpläne ja nicht gemacht."

Winter war seit Eiszeiten Vertreter für Weißwäsche aller Art. Er konnte sich einfach nicht damit abfinden, zu gegebener Zeit seine Landkundschaft an den Farbenhändler zu übergeben. Oft mußte sogar Gewalt angewand werden. Dann schickten seine Vorgesetzten den Sonnenexekutor los. Der machte Winter, ohne langes Zögern, grüne Flecken in seine weißen Leintücher - ohnehin schon letzte Qualität. Das begriff er! Bestieg den nächsten Windzug nach dem Norden und schwor Rache. Wie jedes Jahr.
Wenn Winter endlich hinter der Horizontbahnschranke verschwunden war, begann man, alles für den Empfang des Farbenhändlers vorzubereiten.
Sonne kehrte Wolken am Himmelsteppich, Mond wischte über den Sternenvorhang, und die Landkundschaft holte ihr Knospenguthaben aus den Erdstrümpfen.
Am Theater der Verwandlungen hatten Raupen und Puppen Kostümprobe, Wind erwartete täglich eine Paketsendung von den Verwandten am Golfstrom. Und Bär drehte sich noch einmal zu seinen Träumen, die allesamt mit Honig anfingen.


Der Windzug aus dem Süden, den der Farbenhändler benutzte, schien sich dieses Jahr zu verspäten. Aber niemand war deshalb etwa beunruhigt. Das kannte man, so ne´kleine Verzögerung kam ja öfters vor.
Also warten.
Die Aufregung wuchs, und man hoffte auf ein erstes Zeichen der Sonne: Wenn der Farbenhändler nahte, begann sie abends ein bißchen später zu gähnen, mit lauem Atem, und morgens tat sie statt Frost, Tau in ihr Landputzglas.
Ein ziemlich sicheres Signal für seine baldige Ankunft war auch die Wiederaufnahme des Trainings der Baummannschaft. Es war ein uraltes Spiel, unserem Fußball ähnlich. Nur, daß man es mit Gefühlbällen spielte und ohne festes Ziel. Der Farbenhändler sponserte sie für gewöhnlich, und ihm zuliebe schlugen die Baumstars aus.

Die allergrößten Vorbereitungen für das Wiedersehen fanden aber bei der Liebe statt.
Wie eine riesige Schaukel setzte sie der Farbenhändler bei seiner Ankunft in Bewegung. Der Schwung reicht meist bis zur Abreise des Winters. Nur in den seltensten Fällen kommt sie zum Stehen, bevor der Farbenhändler seine Ware wieder anbietet. Und wenn, dann nur, weil die Liebe selbst es eben so will.
Also der Farbenhändler. Mit einer geheimnisvollen, undurchschaubaren Kraft bringt er die Liebe immer wieder in derart schwindelnde Höhen, daß... (Entschuldigung, daß ich unterbreche: Ist der Windzug schon eingetroffen? Was?? Ein Frostbote hat soeben die Verspätung durchgegeben? Aha. Danke. ... nun, daß alle, die sich eine Schaukelkarte gekauft haben, meinen, sie würden sich mitsamt der Liebe überschlagen.
Aber am höchsten Punkt angelangt, nacheinem kurzen Stillstand, rast die Schaukel hinunter, man meint, ungeheure Tiefen zu erforschen, um Augenblicke später wieder einem neuen Höhenrausch zu erleben.

Schön ist es auf dem Jahrmarkt der Gefühle.
So ein Jahrmarkt will natürlich gepflegt werden. Und das geschieht, wenn der Farbenhändler seine Buden aufschlägt.
(Ist er immer noch nicht da?)
Blicke müssen sorgfältig gereinigt und überprüft werden, Spezialisten sind ausschließlich damit beschäftigt, neue Worte zu entwerfen, Spannungen müssen neu verlegt und Gerüche auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet werden.
Die Zartheit wird poliert, und nicht zuletzt muß jemand Amor wecken, und das alleine ist schon eine Aufgabe für sich.
Kurzum die Liebe hat noch alle Gefühle voll zu tun. So war es ihr noch gar nicht aufgefallen, welche Unruhe sich überall verbreitet hatte.
(Hat schon wer was gehört? Was?!?!?!?)

Die Sonne stand ratlos an der Tagesbar, wußte nicht recht, ob sie noch ein Wölkchen heben sollte. Sie ließ es bleiben, bereute es bald; das nervöse Klopfen der Regenfinger auf die Landplatte ging ihr ziemlich an die Solarzellen.
Inzwischen lieferten ein paar verschlafene Vorortwinde Samenbüchsen und Pollenkonserven, war aber noch keine Knospe da, sie entgegenzunehmen.
Warten.
Plötzlich bog aus dem südlichen Talkessel ein Eilbote, Orkan, um die Ecke. Die Baummannschaft winkte aufgeregt mit schwangeren Ästen, Gräser verneigten sich dienstergeben und eine lampenfiebrige Raupe kostümierte sich schon.
Orkan bäumte sich auf und stand windhosig in der Gegend.
• Gespenstische Ruhe. -
Jetzt würde man endlich erfahren, was mit dem Farbenhändler los war.
Die Sonne ahnte es als erstes: als eine schwarze Wolkenpatrouille sie in Schutzhaft nahm.
Gleich darauf wurde die Mondfahne eingeholt.
Nach und nach begann die Landkundschaft das Spiel zu durchschauen. Sie verkrochen sich schweigend, wischten verlegen die Knospen von ihren Kostümen, schmiegten sich frierend aneinander.

Der Platz, über dem Orkan mit beängstigender Geräuschlosigkeit schwirrte, leerte sich. Einzig.... die Liebe stand noch da. Sie hatte noch nichts verstanden. Gar nichts verstanden. Voll Unschuld und Zärtlichkeit, voll Wärme sah sie Orkan an und wartete, daß er sagen würde:" Ja, der Farbenhändler ist unterwegs, er hat sich ein wenig verspätet, aber in 1,2 Tagen..."
Orkan schwieg, aber es brach ihm fast das Herz wie die Liebe ihn ansah, und er weinte Eistränen, als er flüsterte:" Dieses Jahr.... wird kein windzug aus dem Süden kommen... und ... kein Farbenhändler."

Die anderen hatten sich still zurückgezogen, sie wußten, daß es keinen Sinn gehabt hätte, gegen die Verordnungen des jahres zu protestieren.
Nur die Liebe hatte nicht aufgegeben. Es war ihr klar, daß, würde ihre Schaukel stillstehen, bald alles stillstehen würde. Und sie schickte Orkan einen Blick. IHREN Blick.
Im selben Moment brach er krachend los, ergriff mit Marktschreierhänden die Schaukel und schleuderte die Liebe, so hoch wie nie zuvor, in das Jahr, in dem es keinen Frühling gab.


Folke Tegetthoff
*********icha Paar
11.454 Beiträge
Gruppen-Mod 
Eins von mir...
Wenn Du vor mir gehst,
kann ich Dir vielleicht nicht folgen.
Wenn Du hinter mir gehst,
kann ich Dich vielleicht nicht führen.
Wenn Du an meiner Seite gehst,
wirst Du immer mein Freund sein.
*friends*

Liebe Grüße und einen schönen Abend,
wünscht Euch,

Mausi, von
MausiundMicha *wink*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Uralt ... Aber immer wieder lesenswert, liebe Mausi! Und wie wahr ...

Danke!

(Der Antaghar)
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