F. S. Pierre Dufour
Lesen wir bei Herodot und Strabo über die Verbreitung eines Kultes in ganz Kleinasien, der die Sinnlichkeit und die fleischlichen Lüste zu göttlichen Diensten erhob. Dieser Kult vereinigte unter zeitlich anderen Namen Adonis und Venus. Adonis findet sich als Priap, Moloch oder Baal-Phegor, Venus als Mitra, Melitta oder Astarte. Während der Adonis-Feste in Babylon versammelte sich eine ungeheure Menschenmenge um den Venustempel; hierbei mussten die Frauen entweder ihre Haare oder ihre Keuschheit der Göttin Venus zum Opfer bringen.
Man feierte zunächst ein Trauerfest, bei dem man den in der Sage von einem Eber getöteten Adonis beweinte und sich gegenseitig mit der Hand oder mit Ruten schlug. Diesem folgte ein Freudenfest, das die Wiederauferstehung des Adonis verkündete. Dabei stellte man am hellen Tage unter die Tempeltüre der Venus eine Statue des neubelebten Adonis mit großen Phallus auf. Sofort mussten alle anwesenden Frauen entweder ihre Haupthaare dem Scheermesser oder ihre Körper der Prostitution hingeben. Diejenigen Frauen, die der Erhaltung ihrer Haare den Vorzug gegeben hatten, wurden auf eine Art Markt gebracht, wohin nur die Fremden nicht aber die Väter oder Gatten der Frauen dringen durften. Sie standen daselbst während eines ganzen Tages zum Verkauf und gaben sich diesem schmachvollen Handel so oft hin, als man sie dafür bezahlen wollte. Weder Person noch Summe durfte von ihr zurückgewiesen werden, das Gesetz verbot es, denn es handelte sich ihrerseits um einen Gottesdienst und seinerseits um eine Opfergabe. Der Fremde musste bei der Bezahlung dazu sagen: Ich rufe die Göttin Venus an. Er war gut beraten, die Summe nicht zu klein zu wählen, um in der Gunst der Göttin gut zu stehen. Alles Geld, das die Gottesdienerinnen bis zur Dunkelheit erworben hatten, gaben sie als Opfer der Venus. Auf diese Weise feierte man die Liebe der Venus und des Adonis. Nach diesem mühseligen Tag kehrten die Frauen verschwiegen und tadellos nach Hause zurück; und niemals hatte sie sich ausser dem Feste, soviel man ihnen auch bieten mochte, verführen lassen.
Man könnte darüber in Erstaunen geraten, dass sich die Ortseingessenen für einen Kult begeisterten, der ihre Frauen völlig als Opfer der Prostitution in Anspruch nahm. Man muss aber in Rechnung ziehen, daß die Fremden, für die diese Mysterien eingerichtet waren und dort ihr Geld liessen, nicht geringeres Interesse an der Erhaltung hatten. Der Venuskult war für die Frauen ortsgebunden, für die Männer aber im ganzen Lande heimisch. Da sie der Reihe nach die Feste an den Tempeln der Göttin besuchen konnten, zogen sie Nutzen aus diesen Vergnügungspilgerschaften als Wirt oder als Fremdling. Auch erübrigt sich der Gedanke, warum sich nicht im Angesicht des schändlichen Gewerbes jede Frau die Haare scheren ließ. Es ist anzunehmen, daß nicht jedes Geldstück die Priesterschaft der Venus erreichte. Ausserdem konnte sich eine als unfruchtbar bezichtigte Ehefrau durch eine heilige Empfängnis der Schmach entledigen und alsdann den Gatten verstummen lassen.
Eigene Anmerkung: Auch wenn es zu dieser Zeit noch nicht so schlimm wie in Sodom und Gomorra getrieben wurde, ist sich der geneigte Leser im Klaren, daß diese Menge an ungeschütztem Verkehr auf die heute bekannten Geschlechtskrankheiten hinführen wird. Es ist verständlich, daß Moses in medizinischer Unkenntnis das Volk Israel nur reinigen konnte, indem er jeden Unbelehrbaren und von den unkeuschen Leiden Befallenen (Aussatz, Krätze, Blutfluss und alle anderen Flusskrankheiten wie Diarröh, Ausfluss, usw.), sprich die „Flusskranken“ in die Wüste prügeln und dort verrecken liess.
Was ich aber hauptsächlich darstellen möchte ist, daß es immer wieder Zeichen dafür gibt, daß eine fremdgefickte Partnerin für Männer
nicht per se eine „Entweihung“ oder Schmach darstellt. Seit jeher gibt es Männer, die es gut finden, wenn ihre Partnerin auch mal mit anderen vögelt